Gleich mehrere Besonderheiten verhelfen dem Freiberger Domgeläut zu großer Bedeutung. Es ist das drittgrößte Geläut in Sachsen, das einzige mit sechs Glocken. Vier davon stammen aus dem 15. Jhdt., sie wurden nach dem letzten großen Brand 1484, dem alle Glocken der Stadt zum Opfer gefallen waren, in der berühmten Gießhütte der Familie Hilliger gegossen. Glockensachverständige schreiben, dass „die große Glocke ein Instrument von erstklassiger Klangschönheit ist...Unter den mittelalterlichen Großglocken Deutschlands gehört sie zu den klanglich wertvollsten...Auffallend (ist)...die ungemein lebendige und frische Klangentfaltung vor allem der vier kleinen Glocken.“ Ebenfalls bemerkenswert ist der angenehme Eindruck, den das volle Geläut hinterlässt, obwohl es in seiner Disposition - zwei Baßglocken und ein vierstimmiges Cymbelgeläut - im mittelsächsischen Raum einmalig ist und gravierend abweicht von heutigen Richtlinien für neue Geläute.
Die Hilliger waren seit 1412 nachweislich als Gießer in Freiberg sesshaft. Oswald Hilliger baute die zweite Gießhütte der Familie am Petersplatz. Er goß nach dem Stadtbrand von 1484 sämtliche Glocken Freibergs neu. 1521 erhielt die Familie vom Magdeburger Kardinalerzbischof Albrecht von Brandenburg ihr Wappen, das einen Bär mit einem Tastzirkel zeigt. 1756 stirbt mit Gabriel Hilliger der letzte Glockengießer der Familie in Freiberg.
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Eine große Gefahr für Geläute stellen Kriege dar, immer wieder wurden Glocken für Rüstungszwecke eingeschmolzen. In beiden Weltkriegen mussten auch Domglocken abgeliefert werden und kehrten glücklicherweise wieder zurück. Nur die kleinste Glocke, ebenfalls aus der Werkstatt der Hilliger, blieb nach 1945 verschollen. An ihrer Stelle läutet heute eine Schilling-Glocke aus Apolda.
Während der Rekonstruktion und Restaurierung des Geläutes 1996/97 wurden fehlende Kronenhenkel ergänzt und für die Glocke 1 eine komplett neue Krone gegossen und eingeschweißt. Durch den Neubau eines Eichenholzglockenstuhles wurde „ein Zustand hergestellt, der gestalterisch, akustisch und funktionell der Einheit entspricht, wie sie seit der Zeit der Spätgotik bis zum Beginn des 20. Jhdts. zwischen Glocke, Glockenstuhl und Glockenarmatur bestanden hat“.
Glocken läuten zu den in der Läuteordnung festgelegten Zeiten. Sie regelten im Mittelalter den Tagesablauf der Menschen, warnten vor Bränden und herannahenden Feinden. Immer aber, auch heute noch, bedeutet ihr Läuten den Ruf zum Innehalten, zur Besinnung und zum Gebet.
Die Freiberger Domglocken zur Freiberger Glockenandacht 2012 gibt es jetzt auch als Film seh- und hörbar: (klick-mich)
Video-YouTube: Glocken 1-6 (klick-mich)
Video-YouTube: Morgenglocke (Klick-mich)
Video-YouTube: Große Susanne (klick-mich)
Dr. Thümmel, Rainer: Der St.-Marien-Dom zu Freiberg -Planung und Restaurierung eines großen Geläutes als Fallbeispiel. In: Beratungsausschuss für das deutsche Glockenwesen: Glocken in Geschichte und Gegenwart -Beiträge zur Glockenkunde-, Bd. 2. Bearb. von Kurt Kramer. Badenia Verlag Karlsruhe 1997, S. 354 – 365.