Andacht zum 1. Sonntag in der Passionszeit, 9. März 2025

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Andacht zum 1. Sonntag in der Passionszeit, 9. März 2025

08.03.2025

von Superintendentin Hiltrud Anacker

Liebe Leser und Leserinnen!

„Am Aschermittwoch ist alles vorbei!“ So sagen wir manchmal. Alles ist natürlich nicht vorbei, nur die fröhliche Fastnachtszeit. Die Zeit im Kirchenjahr, die mit dem Aschermittwoch beginnt, die Passionszeit, regt eher zur Nachdenklichkeit an. Uns Menschen gelingt nicht alles, wir sind hoffentlich meist nett, aber nicht immer, unser Verhältnis auch zu Gott ist nicht ungetrübt. Die Bibel nennt diesen Zustand „Sünde“. Zugleich erzählt sie uns davon, dass Gott eine Perspektive bietet, durch Jesus Christus mit ihm ins Reine kommen zu können. Darüber nachzudenken lohnt sich. Die Passionszeit erinnert daran.

Seit etlichen Jahren gibt die Fastenaktion der evangelischen Kirche besondere Impulse. Dieses Jahr steht die Aktion unter der Überschrift: „Luftholen – sieben Wochen ohne Panik“. Da ich mir in unserer aufgeregten und so unsicher erscheinenden Welt einen Impuls erhoffe, der im Gottvertrauen stärkt, möchte ich Ihnen die erste Andacht von Pfarrer Frank Muchlinski zukommen lassen (https://7wochenohne.evangelisch.de/newsletter/2025/1-woche-fenster-auf ).

Fenster auf

Endlich wieder verzichten! Ganz im Ernst, ich freue mich so sehr darüber, dass die Fastenzeit begonnen hat, in der wir gemeinsam Dinge über Bord schmeißen, die uns belasten. Gleichzeitig nehmen wir uns Zeit, uns für das zu öffnen, was uns guttut. Gerade bewegen wir uns irgendwo zwischen Schnappatmung, stockendem Atem, Hyperventilieren und Luft anhalten. Wir werden so mit schlechten Nachrichten zugeschmissen, dass es kein Wunder ist, wenn Panik in uns hochsteigt. Wir haben gelernt, dass es immer noch schlechter kommen kann.

In den kommenden sieben Wochen werden wir daran kaum etwas ändern. Aber wir können unsere Widerstandskräfte stärken. Wir können uns der Realität nicht verschließen, aber wir können ändern, wie wir darauf reagieren. Wir können unsere Angst nicht abstellen, aber wir können unsere Gedanken immer wieder auf Gutes und Hilfreiches lenken. Wir können unseren Atem bewusst steuern. Wir können auf Übersprunghandlungen verzichten und stattdessen einmal tief durchatmen. Wir können uns in diesem Sinne tatsächlich der Panik verweigern. Bei diesem Vorhaben helfen nicht zuletzt die biblischen Wochenimpulse, die von „7 Wochen Ohne“ ausgesucht werden.

Es beginnt mit dem Anfang, mit der Schöpfungsgeschichte. Hier geht es darum, was die Welt und uns Menschen ausmacht. Warum sind wir, wie wir sind? Was macht den Menschen aus? Die Antworten der Bibel sind häufig sehr anders als die, die wir einander heute geben. Nehmen wir zum Beispiel die Frage: Woraus bestehen Menschen?

„Der erwachsene Mensch besteht zu etwa 50 bis 65 Prozent aus Wasser.“ So schreibt es die Techniker Krankenkasse in einem Artikel, in dem sie erläutern will, warum es wichtig ist, viel zu trinken. Die Tatsache, dass der menschliche Körper zum größten Teil aus Wasser besteht, sollte den meisten erwachsenen Menschen bekannt sein. Vielleicht wussten auch einige von Ihnen die Prozentzahlen. Spannender noch als diese Tatsache finde ich gerade, wie die TK es formuliert, denn sie schreibt nicht: „Der menschliche Körper“ besteht vorwiegend aus Wasser, sondern: „Der Mensch“. Selbstverständlich ist in dem Artikel der menschliche Körper gemeint und nicht der Mensch in seiner ganzen Wesenheit, denn die kann man auch schlecht messen und einteilen. Trotzdem sind Aussagen darüber, woraus der Mensch besteht, vorstellbar und sogar amüsant. Ich stelle mir Formulierungen vor wie „Der Mensch besteht zu 50 Prozent aus Liebe und zu weiteren 50 Prozent aus Angst vor der Liebe“, oder „Der erwachsene Mensch besteht zu mindestens 60 Prozent aus Enttäuschungen, zu 30 Prozent aus Hoffnungen und zu 10 Prozent aus Illusionen“.

Die Bibel schreibt: „Der Mensch besteht aus Staub und Gottes Atem.“ (1. Mose 2,7) Das ist auch keine wissenschaftliche Aussage über den menschlichen Körper, sondern eine Aussage über das Wesen von uns Menschen. Ich mag diese Aussage, denn sie lässt viel Spielraum für Fantasie. Bei Staub denke ich an Dreck, den ich lieber regelmäßig loswerden möchte. Man könnte aber auch sagen: Der Mensch ist aus dem Stoff, der alles verbindet. Aus kleinsten Bausteinen, aus Materie und – nun folgt die zweite Komponente – aus Atem.

In dem Moment, als Gott dem Menschen seinen Atem in die Nase bläst, wird der Mensch lebendig. Ich kann mir vorstellen, wie ich bei jedem Einatmen wieder Leben in mich aufnehme, ja sogar Gott in mich aufnehme. Einfach durch Atmen. Meistens merke ich ja nicht mal, dass ich atme. Aber wie gesagt: Ich kann bewusst und tief einatmen, wenn ich das möchte. Das ist dann, als ob ich ein Fenster ganz weit aufmache, um frische Luft in mein staubiges Ich zu lassen.
Amen.

Gebet

Gott, unsere Zuversicht.
Sei bei uns,
wenn wir zweifeln.
Stärke uns,
wenn wir schwach sind.
Lass Hoffnung wachsen,
wenn wir nicht weiterwissen.
Dir sei Ehre in Ewigkeit.


Vater unser im Himmel.
Geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe,
wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich
und die Kraft und die Herrlichkeit
in Ewigkeit. Amen.

Segen

Es segne und behüte dich der barmherzige Gott: Vater, Sohn und Heiliger Geist.
Amen.

Herzlich grüßt Sie
Hiltrud Anacker, Superintendentin

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