25.01.2025
von Dompfarrer Dr. Gunnar Wiegand
Liebe Leser und Leserinnen!
Eine meiner Lieblingskompositionen von Heinrich Schütz (1585-1672), dem einstigen Dresdener Hofkapellmeister, ist ein Concerto mit dem Titel: Saul, was verfolgst du mich? (SWV 415). 1650 wurde das Werk in den Symphoniae Sacrae III veröffentlicht. Es passt liturgisch zum Tag der Bekehrung des Apostels Paulus, den die Evangelisch-lutherische Kirche am 25. Januar feiert.
„Saul, Saul, was verfolgst du mich? Es wird dir schwer werden, wider den Stachel zu löcken“ – lautet der vertonte Text der Komposition. Es ist ein Jesus-Wort aus der Apostelgeschichte 9. Der zweite Satz nach dem Fragezeichen steht heute aus textkritischen Gründen nicht mehr in der Bibel. Er ist ein antikes Sprichwort und bedeutet in Etwa: „Hör auf, gegen mich, Jesus, Widerstand zu leisten.“
Paulus war ja bei der Steinigung des ersten christlichen Märtyrers Stephanus anwesend gewesen und hatte „Wohlgefallen“ daran. Danach habe er die Gemeinde „verwüstet“, „indem er in die Häuser eindrang, Männer und Frauen verschleppte und für ihre Verhaftung sorgte“. Er erbat und erhielt vom Jerusalemer Hohenpriester einen schriftlichen Auftrag, auch in Damaskus und den dort befindlichen Synagogen nach Anhängern Jesu zu suchen, um sie zu verhaften. Auf dem Weg nach Damaskus – „nicht weit vor der Stadt“ – begegnete ihm in einer visionären Lichterscheinung der auferstandene Jesus selbst. Dieser habe ihn mit seinem hebräischen Namen angerufen: Saul, Saul! Warum verfolgst du mich? Nach einem kurzen Dialog mit Jesus sei Paulus in der Folge für mehrere Tage erblindet und habe nichts essen können, bis ihn ein anderer Urchrist im Namen Jesu geheilt habe. Daraufhin habe er sich taufen lassen und begonnen, Jesus als Sohn Gottes zu verkünden.
Schütz‘ Komposition ist für drei Chöre, zwei Violinen und Kontinuo angelegt. Der Hauptchor ist für solistische Stimmen – ihm kommen die konzertierenden Partien zu, der typische Coro di Concerto. Daneben gibt es zwei Capell-, bzw. Ripieno-Chöre, welche vor allem verstärkende Wirkung der solistischen Partien haben. Konzertierend sind zudem die beiden Violinen, welche das Solistenensemble ergänzen oder ggf. auch als Ritornell-Instrumente fungieren. Schütz konzentriert die Worte Christi auf die zwei zentralen Kerne: Anrufung, direkter Appell an Saulus/den Hörer und die Aufforderung zum Widerstehen gegen die Anfechtung des Glaubens über die antike Redewendung. Insbesondere die wie aus dem Nichts kommende Anrufung in tiefer Lage und im Piano der solistisch-konzertierenden Stimmen prägt sich tief ein, um schließlich durch das Plenum im gesamten Kirchenraum erfüllt zu werden „Saul, was verfolgst Du mich?“. Nach einer Zäsur nun die klare Ansage: Du kannst Dich Christus nicht widersetzen. Er ruft Dich, er ist bei Dir. Mehr wird nicht gesagt. Es bleibt ein offener Raum für den Hörer, diese Christus-Präsenz im Leben mit Inhalt zu füllen.
Hören Sie sich dieses beindruckende Werk doch einfach mal an. Sie können auf den folgenden Link klicken, um das genannte Werk anzuhören (https://www.youtube.com/watch?v=0OFa0R-nkGs&t=48s). Was bedeutet für Sie, auf Christus in Ihrem Leben zu hören?
Schütz: Symphoniae Sacrae III, Op. 12 - No. 18, Saul, was verfolgst du mich, SWV 415
Segen
Es segne und behüte Dich Gott, der Allmächtige und Barmherzige, der Vater, der Sohn und der Heilige Geist. Amen.
Herzlich grüßt Sie
Dompfarrer Dr. Gunnar Wiegand
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