06.07.2024
von Dompfarrer Dr. Gunnar Wiegand
Liebe Leser und Leserinnen!
Neulich hat mir jemand erzählt, wie gut es tue, Gott in der Natur zu begegnen, dort Inspiration für den Glauben zu finden. Dort gelinge am besten das Gespräch mit Gott, dort könne man am besten die Sorgen loswerden. Ein herrlicher Spaziergang, einsam in einem herrlichen Fleck Natur.
Ich konnte das gut nachvollziehen, erwiderte aber, dass auch die Gemeinschaft des Glaubens wichtig sei: Sorgen teilen, einander zuhören, miteinander beten. Auch das ist wichtig. Im Glaubensbekenntnis heißt es nicht umsonst: „ich glaube … an die Gemeinschaft der Heiligen.“
Maria hatte vom Engel Gabriel die Nachricht bekommen, dass Sie schwanger von Gott sei. Das ist eine Geschichte, an die wir am 25. März, dem Tag Mariae Verkündigung, also neun Monate vor Weihnachten erinnern. Diese Situation der Schwangerschaft war sicher nicht einfach: Eine entehrte Frau. Im Dorf Nazareth vielleicht geächtet. Ihr Ehemann Joseph hadert mit ihr.
Maria bleibt aber nicht mit ihrer Schwangerschaft allein. Sie entgeht erst mal dem Gerede der Leute. Sie macht sich in den Süden auf ins Gebirge nach Juda zu ihrer Cousine Elisabeth – auch diese war Schwanger mit Johannes. Und ohne, dass Maria überhaupt ein Wort sagen musste, wusste Elisabeth sofort, was geschehen war: ihr Kind im Bauch hüpfte vor Freude. Und so konnte Elisabeth – vom Heiligen Geist erfüllt – ihre Cousine mit den Worten begrüßen: „Gesegnet bist du unter den Frauen, und gesegnet ist die Frucht deines Leibes! … die Mutter meines Herrn kommt zu mir.“ Elisabeth erkennt die Besonderheit von Marias Lage. Die Angst, die Einsamkeit, die Ächtung… sie aber erkennt in Maria die „Mutter des Herrn“ und segnet sie.
Manchmal brauchen wir die Einsamkeit eines Gebirges, eines Waldes, einer Natur, um Gott nahe zu sein. Manchmal aber brauchen wir auch die Menschen, wie Elisabeth, die uns verstehen… uns in Sorgen und Nöten annehmen – so wie wir sind. Und die uns dann sagen, wie wertvoll wir eigentlich sind, sogar segnen. Einsamkeit und Gemeinschaft in guter Ausgewogenheit wünsche ich Ihnen. Und dabei Gott immer in Ihrer Mitte.
Das ist die Geschichte von Mariae Heimsuchung bei Elisabeth. Daran haben wir in der letzten Woche, dem 2. Juli erinnert – genau eine Woche nach dem Fest Johannes des Täufers. Amen.
Gebet
Sie sind eingeladen, zwei Strophen des Chorals „Übers Gebirg Maria geht“ zu beten (und am besten auch als Musikstück nach Johann Eccard anzuhören):
1. Übers Gebirg Maria geht
zu ihrer Bas Elisabeth.
Sie grüßt die Freundin, die vom Geist
freudig bewegt Maria preist
und sie des Herren Mutter nennt;
Maria ward fröhlich und sang:
Refrain
Mein Seel den Herrn erhebet,
mein Geist sich Gottes freuet;
Er ist mein Heiland, fürchtet ihn,
Er will allzeit barmherzig sein.
2. Was bleiben immer wir daheim?
Laßt uns auch aufs Gebirge gehn,
da eins dem andern spreche zu,
des Geistes Gruß das Herz auftu,
davon es freudig werd und spring,
der Mund in wahrem Glauben sing.
Refrain
Mein Seel den Herrn erhebet,
mein Geist sich Gottes freuet;
Er ist mein Heiland, fürchtet ihn,
Er will allzeit barmherzig sein.
Segen
Guter Gott, segne unsere Füße und die Wege, die wir gehen,
damit sie Wege zu den Menschen und zu dir werden.
Segne unsere Hände und die Arbeit, die wir tun,
damit unsere Werke von deiner Schönheit erzählen.
Segne unseren Mund und unsere Stimme,
damit unsere Worte von deinem Frieden und deiner Freude verkünden.
Segne unsere Ohren und unsere innere Offenheit,
damit wir die Freuden, Sorgen und Ängste der Menschen wahrnehmen können.
Segne unsere Augen und die Bilder in uns,
damit wir Unrecht erkennen und deiner Gerechtigkeit dienen.
Segne unser Herz und unsere Empfindungen,
damit wir mitfühlen können, und Menschen durch uns
etwas von deiner Liebe erahnen.
Das gewähre uns der uns liebende und begleitende Gott,
der Vater, der Sohn und der Heilige Geist. Amen
Herzlich grüßt Sie
Dompfarrer Dr. Gunnar Wiegand
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