Andacht zum Sonntag vor der Passionszeit, 2. März 2025

Predigtarchiv

Andacht zum Sonntag vor der Passionszeit, 2. März 2025

01.03.2025

von Dompfarrer Dr. Gunnar Wiegand

Liebe Leser und Leserinnen!

In dieser Zeit ist Fasching. Es ist die letzte Zeit vor der Passionszeit. Eine Zeit des Vergnügens, des Austobens, bevor es dann traditionell ans Fasten, die Besinnung auf Jesu Leid und Tod geht.

Ich habe ein gespaltenes Verhältnis zu Fasching: als Kind habe ich es geliebt, mich zu verkleiden, als Clown, Micky Mouse, Wikinger… Und wir sind an den Faschingstagen immer zum Karnevalstreiben auf den Hauptplatz meiner Heimatstadt gegangen. Das war ein Spaß, wenn man die anderen verkleideten Kinder und Leute getroffen hat. Da waren zum Beispiel junge Burschen, die sich als Hexen verkleideten. Wenn man die ärgerte, wurden sie immer ganz wird und jagten einen mit Besen. Später dann, als ich jugendlich wurde, hat es mir dann keinen so großen Spaß mehr gemacht. Fasching spielte dann keine so große Rolle mehr. 

An Fasching verkleidet man sich, zieht eine Maske auf, man schlüpft in die Rolle einer anderen Person – darin besteht der Spaß.

Ich habe einmal nachgeschaut, was eigentlich die Bibel zum Thema „Maske“ sagt. Und ich habe etwas Spannendes gefunden. Es gibt doch tatsächlich in der gesamten Bibel keine einzige Stelle, an der das griechische Wort für Maske „prosopeio“ auftaucht. Mich hat das deshalb gewundert, weil die Maske als Verkleidungsgegenstand in den großen antiken Theatern, wie wir sie aus Pompei, aus Taormina in Sizilien oder in Epidauros in Griechenland kennen, sehr verbreitet waren. Bis heute werden im Deutschunterricht antike Theaterstücke wie die Antigone von Sophokles gelesen. In der Bibel aber kommt „Maske“ tatsächlich nicht vor.

Dafür ist mir aber etwas anderes ins Auge gesprungen. Es gibt ein Wort in der griechischen Sprache, das mit dem Wort Maske ganz eng verwandt ist und das aber ganz häufig verwendet wird: „Prosopon“, das Angesicht, Antlitz, Aussehen. Was bedeutet das nun?

In der griechischen Sprache, in der Bibel ist Maske und Aussehen ganz eng miteinander verbunden. Oder anders ausgedrückt: ein Grieche wusste, wenn er einen anderen Menschen ansieht, sieht er nur eine Erscheinung der anderen Person, eine Erscheinung, die wie eine Maske ist. Wenn ich eine andere Person anschaue, dann erkenne ich nie den ganzen Menschen, sondern nur die Oberfläche, das was er oder sie mir zeigt, das was ich von ihm oder ihr wahrnehme. Und das ist eben nicht mehr als so eine Maske.

An einer Stelle im Samuelbuch geht es darum, dass Gott einen Messias, einen Gesalbten sucht. Nur dieser Gesalbte war würdig, das Königsamt in Israel zu übernehmen. Der Prophet Samuel wurde damit beauftragt, verschiedene Männer zu suchen, die für dieses Königsamt in Frage kämen. Und so stelle Samuel Gott verschiedene Leute vor – die er dann bis auf David – alle ablehnte. Bei einem dieser Männer, Eliab mit Namen, sagte Gott: „Sieh nicht an sein Aussehen und seinen hohen Wuchs; ich habe ihn verworfen. Denn es ist nicht so, wie ein Mensch es sieht: Ein Mensch sieht, was vor Augen ist; der HERR aber sieht das Herz an.“ (1. Sam 16,7) Er war eigentlich nach seinem Aussehen der geeignete Mann, schön, groß und gesalbt. Aber offenbar hatte er einen schlechten Charakter. „Ein Mensch sieht, was vor Augen ist; der Herr aber sieht das Herz an“. Er wurde als Kandidat abgelehnt.

Ja, Faschingsmasken und Kostüme verkleiden uns. Sie lassen uns wie eine andere Person aussehen. In dieser Verwechslung, in diesem Rollentausch liegt der Faschingsspaß verborgen. Aber mit dem biblischen Wort „prosopon“ wir wissen auch, dass jeder Mensch – auch ohne die Maske – doch immer eine Art von Maske mit sich führt. Wir können gar nicht anders, als uns in Rollen mitzuteilen und auszutauschen. Bei Gott ist das anders, egal ob mit Verkleidung oder ohne: „Denn ein Mensch sieht, was vor Augen ist; der HERR aber sieht das Herz an.“
Amen.

Gebet 

Guter Gott, wir danken dir für alles, was uns froh macht. Wir danken dir für das Lachen. Du kennst unsre Sehnsucht nach Freude. Aber wir danken Dir auch, dass Du uns siehst, wie wir wirklich sind, dass Du unser Herz kennst – auch unter unserer Maske. Sieh in unser Herz und hilf uns, dass wir ein glückliches, erfülltes Leben haben. Amen.

Segen

Es segne und behüte Dich, Gott, der Allmächtige und Barmherzige, der Vater, der Sohn und der Heilige Geist. Amen.

Herzlich grüßt Sie
Dompfarrer Dr. Gunnar Wiegand

alle Predigten


Kommentare

Keine Kommentare

Kommentar hinzufügen

Felder mit Stern (*) müssen ausgefüllt werden.

nach oben