Andacht zum Vorletzten Sonntag des Kirchenjahres, 19. November 2023

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Andacht zum Vorletzten Sonntag des Kirchenjahres, 19. November 2023

18.11.2023

von Superintendentin Hiltrud Anacker

Bibeltext: Matthäusevangelium 25, 31 - 33
31Der Menschensohn wird wiederkommen in seiner Herrlichkeit mit allen Engeln. Dann wird er sich auf seinen Herrscherthron setzen. 32Alle Völker werden vor dem Menschensohn versam-melt. Er wird sie in zwei Gruppen aufteilen – wie ein Hirte, der die jungen Ziegenböcke von der Herde trennt. 33Die Herde wird er rechts von sich aufstellen und die jungen Ziegenböcke links.

Gedanken

Liebe Leser und Leserinnen!
Geschichte: Heilige sind Menschen mit Hoffnung
„Mein Heiliger heißt Hermann.“ erzählt Michael Becker. „Ein einfacher Mensch. Es gibt viele berühmte Namen und Geschichten. Mein Heiliger heißt Hermann. Ich kannte ihn nur flüchtig. Bis seine Frau starb. Da lernten wir uns kennen. Hermann hatte Schreiner gelernt, ist dann aber Kraftfahrer geworden. Als er gerade Rentner wurde, ist seine Frau gestorben. Sie wollten noch viel machen. Aber der Krebs war schneller. Hermann hat viel geweint damals. Ein paar Monate nach der Beerdigung waren seine Tränen weniger geworden. Und er hat etwas Leises und Schönes gesagt: ‚Der Schmerz kann dich klein machen, aber die Hoffnung macht dich wieder groß.‘ Wie leise er das gesagt hat, wie nebenbei. Aber völlig überzeugt. Als hätte er selbst die Hoffnung erfunden.“
Ende des Kirchenjahres
Wir haben November. Es wird zeitig dunkel. Die Bäume haben viele ihrer Blätter verloren. Wenn es wieder einmal regnet, muss man aufpassen, dass man auf dem nassen Laub nicht ausrutscht. Volkstrauertag ist auch, an dem an die Opfer von Krieg und Gewalt gedacht wird.
Im November werden in den Gottesdiensten so nachdenkliche Texte gelesen wie das Gleichnis „Vom Weltgericht“. Es ist viel länger, als es hier mit abgedruckt ist. Gott schaut auf jedes Leben und sagt: „Das war gut und das nicht.“ Er schaut sich an, wie wir miteinander umgehen, wie wir versuchen, füreinander da zu sein und möglichst niemanden übersehen. Letzteres kann nur gelingen, wenn - hoffentlich - alle mitmachen. Für eine einzelne Person ist dies nicht leistbar. Und Gott schaut sich dies an. „Der Blick Gottes, so vermittelt der vorletzte Sonntag im Kirchen-jahr, kann eine Erlösung sein. Denn er bringt ans Tageslicht, wie wir eigentlich sein sollten: heil und gut. Von dieser Erwartung her können Christen heute schon ihr Leben barmherziger gestalten.“ (www.kirchenjahr-evangelisch.de)
Wenn alles so nachdenklich stimmt, so könnten Sie fragen, wo bleibt da die Hoffnung. Und dann noch die dunkle Jahreszeit. Menschen wie Hermann machen Hoffnung. „Der Schmerz kann dich klein machen, aber die Hoffnung macht dich wieder groß.“ Woher nimmt er nur diese Zuversicht. Er kennt den Schmerz, er redet nichts klein. In ihm aber ist wieder etwas gewach-sen, was ihm hilft. „Hermann hat etwas im Herzen gehabt, das ihn beruhigte. Er hat wohl gedacht, dass Gott ihm nichts Böses antun will. Auch wenn es böse aussieht. Irgendwann hat Hermann gedacht: es soll jetzt so gut sein, wie es ist. Meine Frau ist versorgt im Himmel. Sie hat keine Schmerzen mehr. Und ich lasse mir helfen. Von den Kindern. Und den Freunden im Ver-ein. Die sind da für mich.“ So erzählt Michael Becker von Hermann weiter. Hermann ist ein Hei-liger, der nicht im Lexikon steht. Er richtet sich nicht nur selbst wieder auf. Mit seiner Hoffnung zeigt er, wie es gehen kann: Wir haben einen Gott, der es dennoch gut meint, selbst wenn es nicht immer so aussieht. Jesus selbst hat ein barmherziges Miteinander vorgelebt. Und das ist doch gut, oder? Amen.

Gebet

Versöhnender Gott, in Jesus Christus hast du Frieden gestiftet. Wir sehnen uns nach diesem Frieden, nach Gerechtigkeit und erfüllter Gemeinschaft. Gib uns die Kraft, mit dieser Sehnsucht auch selbst etwas für den Frieden zu tun. Darum bitten wir durch Jesus Christus.

Vater unser im Himmel,
geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe,
wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unseren Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Den dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit.
in Ewigkeit.
Amen. 

Segen

Wie ein Morgenlicht (von Jörg Zink)
Ich wünsche dir nicht ein Leben ohne Entbehrung, ein Leben ohne Schmerz, ein Leben ohne Störung. Was solltest du mit einem solchen Leben?
Ich wünsche dir aber, dass du bewahrt sein mögest an Leib und Seele. Dass dich einer trägt und schützt und dich durch alles, was dir geschieht, deinem Ziel entgegenführt.
Dass du unberührt bleiben mögest von Trauer, unberührt vom Schicksal anderer Menschen, das wünsche ich dir nicht. So unbedacht soll man nicht wünschen.
Ich wünsche dir aber, dass dich immer wieder etwas berührt, das ich dir nicht recht beschreiben kann.
Es heißt Gnade.
Es ist ein altes Wort, aber wer sie erfährt, für den ist sie wie ein Morgenlicht.
Man kann sie nicht wollen und erzwingen, aber wenn sie dich berührt, dann weißt du: Es ist gut.
So segne dich der gnädige Gott.
Amen.

Herzlich grüßt Sie
Hiltrud Anacker, Superintendentin

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