Predigt zum Sonntag Exaudi mit Jubelkonfirmation, 1. Juni 2025

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Predigt zum Sonntag Exaudi mit Jubelkonfirmation, 1. Juni 2025

01.06.2025

über Epheser 3,14-21 (Lut17); gehalten im Freiberger Dom St. Marien von Dr. Gunnar Wiegand, Pfarrer des Freiberger Doms

Der Predigttext wurde als Epistel verlesen.

Gnade sei mit euch und Friede von Gott unserem Vater und dem Herrn Jesus Christus. Amen. Stille…

Liebe Jubelkonfirmanden, liebe Jubelkonfirmandinnen, liebe Gemeinde,

ich stelle mir vor: Ihre Konfirmation vor vielen Jahrzehnten hier im Dom oder in einer anderen Kirche. Schick angezogen, Aufregung in der Familie, das Fest steht an, viele Verwandte kommen zum Essen und Feiern zusammen. Die Kirche voll besetzt. Freude und Aufregung… ein wenig Genervtheit über den Trubel aber vielleicht auch freudige Spannung: welche Geschenke wird es geben?

Konfirmation. Ein besonderes Ereignis: Sie bekennen sich zur Kirche… zu Jesus Christus… Konfirmation ist in der Gesellschaft nicht mehr selbstverständlich. Sie nehmen vielleicht einiges biographisch auf sich… Freude auf der einen Seite, aber vielleicht auch Angst auf der anderen Seite. Wie kann es im Leben mit dem Bekenntnis zur Kirche gut weitergehen?

Und da wird noch etwas offenbar. Das eigene Bekenntnis zur Kirche heißt ja auch: ich verlasse in der Religion den kindlichen Schutzraum der Eltern, da ist keine Christenlehre mehr mit der Katechetin, keine Konfistunde mehr mit dem Pfarrer… ja kindlicher Glaube selber steht in Frage… im besten Fall war da eine junge Gemeinde oder ein Kirchenchor, wo Sie vielleicht weiter anknüpfen konnten. Oder war es bei Ihnen so wie bei mir? – Für mich war die Konfirmation erst recht der Beginn einer Wegstrecke, eines Abenteuers mit Gott, den ich bis heute gehe…

Ja, mit der Konfirmation war bei Ihnen ein Lebensabschnitt vorbei. Freude, aber auch Unsicherheit, Trauer und Wehmut oder Lust. Was wird die Zeit danach bringen? Ist da die Kraft, dieses Bekenntnis durchzuziehen? – Vielleicht sogar unter Inkaufnahme von Nachteilen im Beruf.

Unsicher, traurig, furchtsam, wehmütig, ja aber auch freudig waren auch schon die Jünger Jesu. Denen ging es ganz genauso wie uns heutigen Menschen. Jesus, ihr Meister, war am Kreuz gestorben. Sein Grab war leer, er war auferstanden und wieder unter ihnen gewesen. Und nun war er abermals weg, in den Himmel aufgefahren – wie es die Bibel berichtet. Naturwissenschaftlich können wir das nicht erklären. Unerklärlich im wahrsten Sinn des Wortes. Ein großes Fragezeichen – auch schon für die Jünger. Jesus nun endgültig weg – und auch noch auf so seltsame Weise. Kein Leichnam, kein Mann mit Wundmalen an Händen und Füßen, einfach weg – in den Himmel entrückt. Unsicher, traurig, furchtsam, wehmütig, ja aber auch freudig fühlten sich da die Jünger Jesu. Unsicher, traurig, furchtsam, wehmütig fühlten sich da die ersten Christen. Unsicher, traurig, furchtsam, wehmütig fühlen möglicherweise auch wir uns heute noch – angesichts dieses seltsamen Ausgangs von Jesu Leben auf der Erde. Wie geht es Ihnen mit der Geschichte?

In diese Unsicherheit, in diese Mischung aus Gefühlen zielt nun der heutige Ausschnitt aus dem Brief des Paulus an die Epheser. Er sortiert, ordnet die Verhältnisse und versucht auf diese Weise auch wieder Klarheit in die Gefühle der Menschen zu bringen.

Drei Aussagen des Paulus springen dabei besonders in die Augen:

1. „Ich beuge meine Knie vor dem Vater, von dem jedes Geschlecht im Himmel und auf Erden seinen Namen hat, dass er euch Kraft gebe nach dem Reichtum seiner Herrlichkeit, gestärkt zu werden durch seinen Geist an dem inwendigen Menschen“ – schreibt Paulus. Er will uns dazu ermutigen, an Gott dranzubleiben. Da war dieser großartige Mensch, ja Meister, Jesus. Er hat viele Leute tief beeindruckt und er hat viel durcheinandergewirbelt. Er hat die Besserwisser seiner Zeit herausgefordert. Er hat sie so provoziert, dass er dafür am Kreuz hingerichtet wurde. Und jetzt aber Paulus Botschaft: „ja, das alles ist passiert. Aber bleibt trotzdem entspannt, bleibt an Gott dem Vater dran. Glaubt auch weiterhin an ihn – trotz der Veränderungen durch Jesus. Betet weiterhin zu ihm. Betet zu dem, der euch geschaffen hat, der euch beim Namen genannt hat, der euch zu seiner Kirche berufen hat“ – so wie die meisten hier unter uns.  

2. Aber wenn wir nun entspannt bleiben sollen und irgendwie doch alles beim Alten ist – was ist denn dann mit Jesus? Auch hierzu äußert sich Paulus: „Christus wohne durch den Glauben in euren Herzen. Und ihr seid in der Liebe eingewurzelt und gegründet“ – so Paulus weiter. Ja, Jesus ist weg, sein Leichnam ist verschwunden, er weilt nicht mehr unter den Leuten, er ist in den Himmel gefahren – wie auch immer wir das verstehen können. Aber was ist dann mit Jesus? Was bedeutet er für uns dann eigentlich noch? …wo er doch offenbar mit Gott dem Vater zusammen ist? Weit weg, die Veränderungen hinter sich lassend? Jesus hatte die Menschen unendlich geliebt. Dadurch ist er für uns ein Vorbild geworden. An diese Macht der Veränderung durch die Liebe können wir glauben. Diesen Glauben will Paulus bei uns wachrufen. Wenn wir uns fragen, was wir tun sollen in unserem Leben, dann geht es nicht mehr darum zu fragen: „was sagt das Gesetz, was sagt die juristische Ordnung, was sagt das moralische Gesetz, was sagen unsere Sitten und Bräuche.“ Nein, wir sollen fragen: „was gebietet in erster Linie die Liebe“ oder „ist die Ordnung, unsere Tradition, unsere Sitte mit der Liebe in Einklang zu bringen“?

Was das nun ganz konkret für ihren jeweiligen Lebensalltag bedeutet, wissen Sie besser als ich. Sie kennen sich ja besser als jede und jeder andere. Und ich glaube hierin, sind wir uns dann alle recht ähnlich: Sie kennen sehr genau ihre Schwächen. Sie wissen sehr genau, wie oft Sie an ihren Nächsten herumnörgeln, worüber die innere Wut über die Welt hochkocht. Und dann wissen Sie auch sehr gut, dass genau hier die Liebe für den Nächsten ganz weit weg ist. Paulus gebietet uns dann: „zügle dich immer wieder. Befrage immer wieder dein Gewissen, ob Jesu Liebe die Richtschnur deines Handelns ist. Handle aus Liebe. Handle barmherzig. Sei nicht hartherzig. Sei den Menschen freundlich und offen zugewandt – allen Menschen, auch denen, die wir nicht gut kennen. Allen Menschen, nicht nur denen innerhalb des eigenen Gartenzauns oder vielleicht noch dem Nachbarn. Nein, allen Menschen – so gut es eben geht.“

3. Paulus hatte seinen Brief v. a. auch an die zerstrittene Gemeinde in Ephesus geschrieben. Diese Worte sollten Juden und Heiden zusammenführen. Diese Worte sollen uns alle mit allen Christen zusammenführen. Und die Liebe soll hier für Einheit sorgen. Die Liebe Jesu bleibt – auch wenn Jesus weg ist. Die Liebe Jesu ist es, die uns hier in der Kirche zusammenführt, die Sie hier in den Freiberger Dom zur Jubelkonfirmation bringt. Die Liebe Jesu ist es, die uns als Christen eint. Die Liebe Jesu ist es, die alle Christen auf der Welt – trotz unserer Glaubensunterschiede – dann doch immer wieder zusammenführen muss. Vielleicht könnte man sagen: da strahlt wieder etwas von meinem kindlichen Glauben bis ins Erwachsenenalter durch. Da ist doch etwas geblieben aus der Zeit vor der Konfirmation, vom Bastelspaß in der Christenlehre, von den Liedern aus der Singstunde mit dem schrulligen Lehrer, Kantor oder Pfarrer.  

Wie ist es Ihnen denn in den vielen Jahrzehnten mit dem Bekenntnis zur Kirche und Jesus gegangen? Ich kann mir vorstellen: da gab es die Momente, wo Sie (trotz Ihres Konfirmationsbekenntnisses) auch mit Gott und der Kirche gehadert haben. Da gab es Momente, da war Kirche für Sie gerade überhaupt nicht von Bedeutung, keine Lust zum Gottesdienstbesuch oder zu Veranstaltungen zu gehen.

Und dann aber gab es doch sicherlich auch die anderen Momente… vielleicht ist jemand aus der Familie verstorben und sie haben echten Trost durch die Gemeinde erfahren, Sie waren in einem Konzert, das Sie tief in der Seele berührt hat, Sie hatten einen stillen Moment, vielleicht hier im Dom, wo Sie ganz bei sich und mit Gott sein konnten.

Ja, das Leben im Glauben bewegt sich in einem Spannungsfeld von Nähe und Distanz, Gewissheit und Unsicherheit, Freude und Trauer. Aber Paulus erinnert daran: Ihr habt Gott, zu dem ihr immer wieder kommen könnt. Diesen Gott dürft ihr anbeten. Er gibt euch Kraft durch seine Gnade. Der gibt niemanden auf, der an ihn glaubt. Hier können Sie immer wieder anknüpfen, wie Sie es ja in Ihrem Leben immer wieder gemacht haben.

Und dann ist da noch diese Liebe Jesu, die einst die Welt durcheinandergebracht hat. Halten Sie sie sich immer vor Augen. Prüfen Sie, immer wieder: ist das Leben an dieser Liebe ausgerichtet?

Der Friede Gottes, welcher höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.

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