21.05.2025
über Sprüche 8,22-36 (Lut17); gehalten im Freiberger Dom St. Marien von Dr. Gunnar Wiegand, Pfarrer des Freiberger Doms
Gnade sei mit euch und Friede von Gott unserem Vater und dem Herrn Jesus Christus. Amen. Stille…
Liebe Konfirmandinnen und Konfirmanden, liebe Gemeinde,
Ihr überlegt: wie finde ich die richtigen Worte und Zeichen… wie posiere ich auf dem Foto? Welche Emojis setze ich ein? … Blumen, Bäume, der Himmel, das Meer, die Sonne, der Mond, die Winde dienen mir und dem anderen oder der anderen da wird das Sichtbare mit der Ewigkeit verbunden … ja, die ganze Welt wird klein … der andere oder die andere größer als alles Sichtbare … er oder sie ist mein Mittelpunkt im Leben …
So eine enge Beziehung beschreibt der heutige Predigttext im 8. Kapitel im Buch der Sprüche. Eine ganz besondere Beziehung zwischen der Erzählerin, der Weisheit und Gott. Eine Beziehung von Liebe, die schon vor der Schöpfung da war. Ich habe den Eindruck: Gott schafft die Welt um dieser Liebe Willen … aus dieser Liebesbeziehung … und das spornt sie an:
Lesung Sprüche 8,22-36 (Lut 2027)
Eine Liebesbeziehung zwischen Gott und der Erzählerin. Eine Liebesbeziehung zwischen Gott und der Weisheit. Ein besonderes Verhältnis schon vor der Schöpfung, ein Verhältnis, das weiter besteht, dem die Schöpfung, die Naturbilder dienen – so wie in einem Liebesbrief. „Da war ich beständig bei Gott; ich war seine Lust täglich und spielte vor ihm allezeit;“ Eine idyllische Zweisamkeit im großen Garten der Schöpfung.
Am Ende wird die Liebes-, Garten- und Naturidylle dann zu einem Appell. „So hört nun auf mich, meine Söhne“. Die Weisheit Gottes gebietet:
- Halte meine Wege ein, folge mir
- Höre auf mich, werde weise
- Gehorche mir und suche mich
Wie mich dieser Text begeistert: er ist so anschaulich, idyllisch, schön, ja ganz menschlich. Und dieses Bild lädt ein: ein lebenslanges suchen, eine lebenslange Begleitung. Man könnte auch sagen: werde weise, suche die Weisheit Dein Leben lang. Mach sie auch zu Deiner Begleiterin.
Und der Text fordert auch heraus. Denn Gott wird hier diese Begleiterin, die Weisheit zur Seite gestellt, die fast eine ebenbürtige Macht hat… ja Gott sogar zu inspirieren scheint. Und dann ist ja Weisheit nicht fassbar, abstrakt. Weisheit ist ein Bild, hier eine Person, die man erst übertragen muss.
Doch was heißt es nun: weise werden? Wie kann das gehen? Die Konfi-Prüfung ist hinter euch. Heute die Taufen von XXX und YYY, die Konfirmation. Ihr könntet euch jetzt zurücklehnen und sagen: es ist vorbei. Bin ich damit nicht schon weise?
Die Bilder sprechen da für sich: wir sollen täglich auf die Weisheit warten, ja die Weisheitssuche, dieser Weg mit der Weisheit erstreckt sich über das ganze Leben. In anderen Worten: suche die Weisheit jeden Tag. Und damit wird auch klar: das, was ihr im Konfiunterricht erlebt und erfahren habt, sind nur kleine Etappen auf diesem Weg. Ihr bekennt euch von heute ab selbst zu Jesus Christus und zu dieser Kirche. Und damit seid ihr aufgefordert aber auch frei, die Gemeinde weiter mit zu begleiten, mitzugestalten. Und dann werdet ihr auch durch die Weisheit Gottes beschenkt.
Die Weisheit gestaltet ja nach diesem Bild die Schöpfung mit. Sie hilft Gott bei der Ordnung der Natur. Weisheit heißt für mich nach diesem Bild auch: neugierig bleiben. Die Natur ergründen. Das Denken übern. Erkenntnis suchen. Aber eben mit Verantwortung: die Natur nicht nur als Mittel zum Zweck betrachten, nicht nur zum ausbeuten oder Geldverdienen. Die Weisheit erinnert auch an den verantwortungsvollen Umgang mit der Schöpfung.
Dann bedeutet Weisheit auch zuhören. Die Erzählerin, die Weisheit sagt: „Hört die Zucht und werdet weise.“ Das bedeutet: zurücknehmen und aufmerksam sein. Wir sollen nicht unsere eigenen Maßstäbe in den Vordergrund rücken, sondern zuhören. Wir sollen auf den anderen hören, wir sollen sensibel mit unserem Umfeld umgehen. Wir sollen auf das hören, was uns andere sagen. Mit Zucht übersetzt Martin Luther das Wort Musar ins Deutsche. Das bedeutet sogar noch mehr als nur zuhören: Hört auf das, was ihr in eurer Erziehung durch die Eltern, Verwandten, die Schule, die Lehrer mit auf den Weg bekommt. Dann aber auch: nimm wahr was unsere Kultur prägt, das was die Kultur aller Menschen mitbringt, mit denen wir zu tun haben… hier dieser herrliche Dom mit seinen wunderbaren Kunstschätzen und den Silbermannorgeln, diese Gemeinde mit vielen herzlichen Menschen. In anderen Worten: behaltet, das was ihr im Konfi-Unterricht erlebt und gelernt habt, aber bleibt trotzdem an den Gottesdiensten, der Bibel und der Gemeinde dran. Finde deinen eigenen Weg damit, frage kritisch nach, finde deine eigene Haltung. Da ist die Junge Gemeinde, die sich auf euch freut. Und auch ich freue mich, wenn ich euch immer wieder begegne.
Und darüber hinaus: freut euch über diese Stadt Freiberg, über eure Heimatdörfer und achtet auch die Menschen.
Denn zuletzt heißt Weisheit auch lieben. Da sind wir wieder beim Anfang: Dieses aufregende Gefühl im Bauch … wie finde ich die richtigen Worte und Zeichen … Blumen, Bäume, der Himmel, das Meer, die Sonne, der Mond, die Winde dienen mir und dem anderen oder der anderen da wird das Sichtbare mit der Ewigkeit verbunden … ja, die ganze Welt wird klein … der andere oder die andere größer als alles Sichtbare … er oder sie ist mein Mittelpunkt im Leben … er oder sie wird gottähnlich.
So beschreibt der Dichter dieser Sprüche das Verhältnis der Weisheit zu Gott. Und er fordert dazu auf: liebe Gottes Schöpfung, so wie Du durch die Schönheit der Natur beschenkt wirst. Liebe Deine Mitmenschen, vorbehaltlos, ob die Liebe erwidert wird oder nicht. Und liebe auch Du Gott, so wie Gott Dich liebt.
Der Friede Gottes, welcher höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.
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